Biotoppflege mit schottischen Hochlandrindern

Naturschutz ist einfach. Man braucht lediglich eine Wiese zu pachten oder zu kaufen und den lieben Gott einen guten Mann sein zu lassen, dann geht alles wie von selbst. Blumen blühen ohne Ende, Schmetterlinge tanzen, Heuschrecken zirpen und theoretisch geht das so Jahr für Jahr. In der Praxis jedoch erscheinen in überraschend kurzer Zeit die ersten Büsche auf der Wiese. Sie werden größer und dichter, die ersten Bäume sind da, jetzt verschwinden nach und nach die Büsche wieder und nach knapp 20 Jahren steht da, wo einst Wiese war, ein junger Wald.

 

Ursprünglich wollte man jedoch eine artenreiche Wiese als Teil einer abwechslungsreichen Landschaft erhalten doch um dies zu verwirklichen, bedarf es eines Konzeptes, der angemessenen Technik und eines langen Atems - finanziell wie physisch !! Eines der denkbaren Konzepte ist die extensive Weidewirtschaft mit robusten Hochlandrindern. Die Herde des Institutes wurde 1989 gegründet und versieht nun schon seit einigen Rindergenerationen ihren Dienst in der Biotoppflege. Wenn Sie wissen möchten, wie das funktioniert, müssen Sie jetzt weiterlesen. Da hilft alles nichts.

 

Man könnte annehmen, die Tiere kommen auf die Wiese, fressen Gras, basta. Doch Rinder bleiben ungern dort, wo man sie hinstellt. Sie sind im Gegenteil ausgesprochen wanderlustig und machen sich augenblicklich auf den Weg. Durch das nächste Erdbeerfeld, durch den Spargel, durch die Kartoffeln, durchs Getreide und den Mais und stehen irgendwann, zufrieden und gedankenverloren in einem Garten in Hongkong oder Lissabon. Und in der Zwischenzeit stapeln sich beim Halter die Schadensersatzansprüche.

 

Da gibts nur eins. Ein reeller Zaun muß her, Eichenpfähle und Stacheldraht. So wie es die Bauern seit Generationen machen. Über Elektrozäune können unsere Biotoppfleger nur müde lächeln. Mit ihrem dicken Fell und den langen Hörnern bildet diese Technik kein Hindernis. Es geht ruckzuck ins Geld, wenn man sicher sein will. Tausend Mark für eine hektargroße Wiese muß man schon rechnen. Nun ist ein Hektar Wiese schnell leergefressen und da die Beweidung dem Biotop- und Artenschutz dienen soll, kann sie nur zu ganz bestimmten Zeiten durchgeführt werden. Wohin also mit den Tieren, wenn die Arbeit getan ist? Auf eine andere Wiese natürlich. Und dann? Dann sitzt der Naturschützer in der Klemme. Es sei dennn, er war genial und wohlhabend, hat alles vorausgesehen und hat vorgesorgt. Oder er hat leidvolle Erfahrungen gemacht, daraus die Lehren gezogen und seine Rinderwirtschaft schließlich in die richtigen Bahnen gebracht. Das heißt, er hat mehrere Wiesen, die er kurzzeitig und dem jeweiligen Schutzzweck entsprechend abweiden läßt und er hat Weideflächen (reine Nutzflächen), auf denen er seine Rinder während des übrigen Jahres hält und die dann auch als Mähwiesen für die Winterbevorratung ausreichen.

 

Das ergibt schon einen erheblichen Flächenbedarf. Vor allem wenn man bedenkt, daß das Jahr 200 !!! Wintertage hat. 200 Tage, an denen draußen nichts wächst und an denen gefüttert werden muß. Denn so anspruchslos sind selbst Hochlandrinder nicht, als daß sie von der Luft leben könnten.

Man sollte nie auf Rinderzüchter hören, die Tiere verkaufen wollen!

Die Flächen sollten außerdem so zueinander liegen, daß die Tiere problemlos von der einen zur anderen gebracht werden können. Und während des ganzen Jahres brauchen sie was zu trinken. Täglich 40-60 Liter Wasser pro Tier. Sauberes Wasser, sonst werden sie krank.

 

Apropos krank   -   Es gibt die gesetzlich vorgeschriebenen Seuchenuntersuchungen mit Blutentnahme. Auch müssen die Tiere regelmäßig gegen äußere und innere Parasiten behandelt werden. Zu Lungenentzündungen kommt es gelegentlich in den Übergangsjahreszeiten, die Klauen bedürfen der regelmäßigen Pflege und dann tauchen Leute von der Herdbuchstelle oder der Landwirtschaftskammer auf und wollen die Ohrmarken der Rinder überprüfen, den Bestand kontrollieren u.s.w, u.s.w..

 

So geht es jahrein, jahraus und alles spielt sich 'im Wald und auf der Heide' ab und nicht im Stall, wie bei den Bauern. Also muß mindestens auf einer der Flächen ein Pflegestand gebaut werden. Stabil !! Denn unserer freiheitsliebenden Biotoppfleger haben es nicht gerne, wenn ihnen wildfremde Leute auf den Pelz rücken. Und mit ihren 400-600 Kilo geballten Widerstandes können sie einem dann schon das eine oder andere Rätsel aufgeben.

 

Rinder kann man nicht einzeln halten. Als Herdentiere brauchen sie Gesellschaft und die kleinste denkbare Herde besteht aus zwei Kühen. Nun fordert die Biologie ihr Recht. Für die Dauer eines Vierteljahres muß ein Deckbulle organisiert werden und übers Jahr stehen dann zwei Kühe mit ihren Kälbern auf der Wiese. Ein weiters Jahr später, der Bulle war wieder zu Besuch, die ersten Kälber sind längst selbständig, erscheint die zweite Kälbergeneration und der spannenden Frage 'wohin mit den vielen Viechern' kann nicht länger ausgewichen werden. Schon benötigt man mindestens 10 Hektar Wiesen- und Weideland will man nicht in die Intensivwirtschaft geraten.

 

Bezüglich der Kosten kann mit zehnjähriger Erfahrung folgendes Resümee gezogen werden: Bei der Biotoppflege mit Rindern müssen pro Tier !! jährlich mindestens €  1.000,00 aufgewendet werden. Diese Summe beinhaltet die Kosten für die Bereiche Bürokratie, Gesundheit, Ernährung und Grünlandtechnik. Nicht enthalten sind Grundstücks- und Personalkosten. Bei einer Herde von 8-10 Rindern kann getrost von einem jährlichen Arbeitsaufwand von 1.000 Stunden ausgegangen werden.

Das Ergebnis der ganzen Arbeit sind schöne, artenreiche und chemiefreie Wiesen als Komponenten einer strukturreichen Landschaft. Damit mag es einstweilen genug sein, denn es sollte nur ein kleiner Einblick gegeben werden in Arbeiten, die mit Naturschutz einhergehen.